Predigt 3 - "Glaubenswege - Lebenswege" (Hebr. 12, 1-3)

Liebe Schwestern und Brüder,
wenn Sie diese etwas zum Schmunzeln anregende Zeichnung betrachten, können Sie sich sicher schon im Rahmen unserer Gemeinschaft, in der wir nach Gottes Wort fragen und uns mit Christsein ganz praktisch beschäftigen, ahnen, auf was ich hinaus möchte.

Oftmals begegnen uns im Alltag solche Szenen: Arbeitskollegen u. Kolleginnen, Freunde, Bekannte, lesen morgens ihr Horoskop und geben bekannt, was ihnen an diesem Tag „blühen“ wird, erzählen von diesem und jenem, was sie am Wochenende gemacht haben, welch genialer Schauspieler während eines Kinofilms vielleicht für den ein oder anderen zum Idol geworden ist, spekulieren über die nächste große Anschaffung oder welche Aktien oder Geldanlage die größte Rendite verspricht, welches neue Hobby den noch größeren Kick verspricht und der Langeweile und der Auseinandersetzung mit Lebenssinn und Lebensziel entschlüpft werden kann.

 

Woran richten wir unser Leben aus, an was orientieren wir uns, auf wen oder was schauen wir auf unserem Lebensweg, der so klein ist im Hinblick auf die unendlichen Zeitdimensionen, die uns die Bibel und die Unendlichkeit des Kosmos aufzeigt?

 

Wir wollen hören auf die Worte in Hebräer 12, die Verse 1 – 3:

Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns ständig umstrickt, und lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist,

und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.

Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und nicht den Mut sinken lasst.

 

Als ich den Text las, dachte ich: Klasse, da steckt ja in komprimierter Weise das ganze Evangelium drin! Aber er birgt auch die Gefahr, sich in der Fülle der Botschaft zu verlieren. Daher wollen wir uns in einem dreifachen Sinne dem Text nähern:

 

1.      Lernen durch Zeugnisse derer, die mit Gott ihren Glaubensweg gegangen sind,

2.      Ablegen dessen, was uns auf unserem Glaubensweg hindert,

3.      Schauen auf Jesus, damit unser Lebensweg im Glauben gelingt!

 

Zunächst jedoch: Lernen durch Zeugnisse derer, die mit Gott ihren Glaubensweg gegangen sind. Im vorhergehenden Kapitel 11 unseres Hebräerbriefes sind eine ganze Reihe von Zeugnissen von Personen im Alten Bund aufgeführt, an denen wir sehen, wie der Glaube sich in ihrer Existenz manifestiert hat. Einige wenige dieser Personen möchte ich kurz anführen:

 

Der Glaube half Noah: Zur Zeit Noahs hatten sich die Menschen von Gott abgewandt. Noah blieb als einziger treu. Als Gott ihn vor der kommenden Flut warnte, verwandte er 120 Jahre für den Bau eines riesigen Bootes, obwohl es im ganzen Umkreis kein Meer oder schiffbares Gewässer gab. Sein Glaube half ihm, sich über die Ansichten seiner Zeitgenossen hinwegzusetzen und die Warnung vor der drohenden Katastrophe ernstzunehmen.

 

Der Glaube half Abraham: Ein Leben aus Glauben ist ein risikoreiches Leben, in dem wir immer wieder allein auf Gottes Geheiß hin, in das Unbekannte hinaustreten. Der Glaube gab Abraham den Mut, eine Reise ins Ungewisse anzutreten. Er wusste nicht, wohin ihn der Weg gerufen hatte.

 

Der Glaube half Sara: Das Beispiel Saras ist besonders ermutigend. Als Sara Gottes Verheißung vernahm, lachte sie zuerst darüber und zweifelte an der Erfüllung. Doch Gott besiegte ihre anfänglichen Zweifel. Glaube durchströmte sie und gab ihrem Leib die Gebärfähigkeit zurück.

 

So könnte ich noch eine Reihe alttestamentlicher, aber auch neutestamentlicher Glaubenszeugen anführen oder auch Personen aus unserer jüngeren Vergangenheit, wie z.B. Dietrich Bonhoeffer oder Martin Luther.

 

Glaube hilft! Manchmal fällt es uns schwer, uns mit großen Männern oder Frauen des Glaubens zu identifizieren. Da tut es besonders wohl zu wissen, dass zahllose Männer und Frauen, die nirgends in der Schrift genannt werden, in dem festen Vertrauen lebten und starben, dass die Verheißungen auch ihnen galten und das auch erfahren durften. Aus allen Zeugnissen wird deutlich: Glaube ist das zielgerichtete Vertrauen in eine Person, die nicht nur existiert, sondern auch eine persönliche Beziehung zu mir will. Gott liebt uns. Er ist nicht unbeteiligter Zuschauer – ganz im Gegenteil: er kommt denen liebevoll und segnend entgegen, die ihn ernsthaft suchen! Wenn wir bereit sind, die Aussagen von Gottes Wort als Tatsachen zu akzeptieren und uns auf dieses Wort hin zu ihm auf den Weg machen, ihn suchen und erfahren wollen, dann haben wir angefangen, aus dem Glauben heraus zu leben. Unser Leben bekommt eine klare Richtung und wir merken nicht nur im Schauen und Lernen durch die Glaubenszeugen vor uns: Glaube gibt Kraft, die entscheidende Kraft, bestimmte Dinge zu tun.

 

Der Weg des Glaubens, den uns hier der Hebräerbrief anhand der Glaubenszeugen aufzeigt, ist jedoch kein leichter Weg. Oftmals müssen Menschen innerhalb ihres Glaubensgehorsams Schweres überwinden, oftmals bringt Gehorsam auch Leiden und Schmerzen mit sich. Es wird berichtet von zu Tode Gefolterten, von Christen, die verspottet, geschlagen und ins Gefängnis geworfen wurden. Manche verloren alles und flohen schutzlos in die Wüste. Wer den Weg des Glaubens wählt und Gott in allen Dingen gehorsam ist, der tut das keineswegs in der Gewissheit, das sein Leben leicht verlaufen wird.

 

Und doch enthält der Hebräerbrief bei aller Nüchternheit und Strenge einen großen Trost. Er spricht zu uns, mit all unseren Schwierigkeiten und Verfehlungen – und bestärkt uns. Der Glaube ist keine Garantie für irdisches Glück, aber er ist die Garantie dafür, dass sich unsere Hoffnung auf innere Verwandlung erfüllt. Durch den Glauben werden wir fähig, immer deutlicher und klarer vor uns zu sehen, was bei der Wiederkunft Jesu mit uns geschehen wird, wenn unsere Verwandlung vollendet wird.

 

Ablegen dessen, was uns auf unserem Glaubensweg hindert. Ablegen dessen, was uns auf unserem Glaubensweg hindert:

 

Der Hebräerbrief sagt uns, wir sollen auf unserem Glaubensweg als Christen alles ablegen, was uns beschwert, und die Sünde, die uns ständig umstrickt! Keine leichte Aufgabe. Wie sehr sehnen wir uns danach, abzulegen, was uns beschwert? Und doch ist es uns durch das Evangelium so nahe gelegt und klingt so scheinbar einfach:

 

Im 1. Korintherbrief heißt es im 9. Kapitel: Wisst ihr nicht, dass die, die in der Kampfbahn laufen, die laufen alle, aber einer empfängt den Siegespreis? Lauft so, dass ihr ihn erlangt.

 

Hohe Anforderungen. Eine ganze Reihe von Läufern auf der „Kampfbahn“ durch den Glaubensweg im Leben mit all den Anfechtungen, Zweifeln, Widersprüchen... Wie wollen wir vorankommen, wenn unsere Schultern beladen sind, wenn wir beschwert sind, wenn wir umstrickt sind mit Sünde, die uns gefangen hält? Befreit Laufen und den Siegespreis erlangen ist nur dann möglich, wenn wir abgelegt haben, was uns beschwert, wenn wir das ans Kreuz gebracht haben zu dem, der die Verstrickungen von uns nehmen will und frei machen möchte.

 

Da haben wir etwas den Zeugen aus dem Alten Bund voraus. In einigen Tagen gedenken wir wieder des großartigen Geschehens, Christus ging für uns ans Kreuz, um uns zu befreien, er nahm alle Schuld auf sich, damit wir befreit laufen können.

 

Christus möchte uns wirklich ganz frei machen, das geht aber nur, wenn wir ihm wirklich alles bringen und uns fallen lassen in seine guten Arme. Wie sehr hängen wir daran, doch selber alles im Griff haben zu wollen! Wir sehr wollen wir gerne den Überblick haben, wobei wir ihn in unserer unüberschaubaren Gesellschaft schon lange gar nicht mehr haben können. Wie viele Dinge nehmen uns tagtäglich gefangen, unser Lebensstandard, an dem wir nahezu maßlos hängen, das können Menschen sein, denen wir uns verpflichtet fühlen oder zu dessen Kontaktabbruch aus Angst vor Einsamkeit wir uns nicht entscheiden können, obwohl es vielleicht manchmal angebracht wäre. Wie viele Dinge nehmen uns tagtäglich in Beschlag, die uns daran hindern, uns ganz Christus hinzugeben und Befreiung zu erfahren? Nichts ist schwieriger und nötiger. Es ist immer noch die größte Herausforderung, wirklich jeden Tag des Lebens so zu gestalten, dass das Ergebnis meine völlige Hingabe an Jesus ist. Es ist leichter, unserer Arbeit nachzugehen, den Haushalt in Ordnung zu halten, einkaufen zu gehen, Freunde zu treffen, joggen zu gehen, die Bibelarbeit vorzubereiten – ja, auch die. Das alles geht mir viel leichter von der Hand und ist viel natürlicher als die unnatürliche Sache, mein Leben zu verlangsamen, mich mal an einen einsamen Ort zu verziehen, über die Dinge in Ruhe nachzudenken, mich auch im Alltagsgeschehen auf das Wort Gottes zu konzentrieren, mit Eifer und Hingabe für die Dinge zu beten, die mir Sorgen machen. Alles in unserem Leben hat eine ziemlich schrille Lautstärke und Intensität – bis auf das leise und ruhige Flüstern des Heiligen Geistes!

 

Wollen wir es hören, uns auf den Weg machen? Haben wir Angst, dass Gott zu uns spricht und Dinge im Vordergrund stehen, die mit Schmerz und Abschied zu tun haben? Ist seine Liebe in unserem Herzen präsent?

 

Schauen auf Christus, damit unser Lebensweg im Glauben gelingt!

 

Hier gibt uns der Hebräerbrief eine klare Richtung an: Da es uns so viele Glaubenszeugen vorgelebt haben und wir die befreiende Möglichkeit bekommen haben, alles Beschwerende und Belastende abzulegen, sollen wir aufsehen auf Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens. Wir sollen geduldig in diesem Kampf „laufen“, wo doch einer in besonderer Weise diesem Kampf vorausgegangen ist: Jesus Christus: Er, dessen heilende Gegenwart so viele Menschen zu neuem Leben führte, er wurde bis auf Blut bekämpft und hat doch diesen Kampf bestanden. Er ist den Weg der Liebe bis zum Ende gegangen.

 

Warum ist jedoch uns dieser Kampf bestimmt? Es wird uns mit einem Bild aus der Pädagogik deutlich gemacht, dem sog. Modelllernen. Wir lernen aus Christus heraus für unseren eigenen Glaubensweg, indem wir auf IHN schauen!

 

Im Philipperbrief wird in ähnlicher Weise der Vergleich zu einem Kampf im Glaubensleben deutlich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist, und jage nach dem vorgestreckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. Aufschauen auf den, der am Palmsonntag in Jerusalem unter wedelnden Palmzweigen der jubelnden, Hosianna-rufenden Menge einzieht, unscheinbar auf einem Esel.

 

Wenn wir auf Christus schauen beim Treffen unserer vielfältigen, täglichen großen und kleinen Entscheidungen, können diese in einem ganz anderen Licht erscheinen. Besonders Teenies erinnern sich oftmals neu daran durch ihr WWJD-Armbändchen, what would Jesus do – was würde Jesus tun? Bräuchten wir nicht alle ständig eine solche Gedankenstütze? Würde sich unsere Gesellschaft, ja aber auch unser persönliches Leben dadurch nicht nachhaltig verändern? Will ich aber Jesus Worten wirklich so viel Vertrauen schenken? Meist sieht man die Auswirkungen nicht unmittelbar, sondern erst im Laufe des Jahres, vielleicht sogar erst am Ende eines Lebens. Gottes Willen bewusst ablehnen oder einfach nicht tun: Beides hat eine verhängnisvolle Langzeitwirkung. Ich kann mich aber auch entschließen, zu tun, was Gott mir sagt – die positiven Ergebnisse werden nicht ausbleiben.

 

Den Willen Gottes tun, um den Siegespreis auf unserem Glaubensweg zu erlangen! Was ist Gottes Wille? Wenn wir auf Christus schauen, ist er uns ein guter Lehrer für unseren Weg:

 

Jesus zum Thema Erfolg: Er bezeichnet die Verlierer als beneidenswert, z.B. die geistlich Armen. Zu beneiden sind sie deshalb, weil ihr Mangel sie zu Gott treibt. Sie sind ständig auf Nachschub von ihm angewiesen, weil ihre Vorräte schnell aufgebraucht sind.  Er bezeichnet Leid geprüfte Menschen als glücklich. Was für eine Provokation! Sie sind es, weil sie in besonderer Weise offen sind für den Trost, den nur er bieten kann. Beneidenswert ist auch der, der den Mut hat, sanft zu sein. Jesus gibt denen eine Chance, die sich zurückhalten, wenn andere explodieren. Wenn wir auf Jesus schauen, lernen wir, wie gesellschaftliche Werte umgekehrt und uns zum Segen werden.

 

Jesus zum Thema Feinde: Er macht darauf aufmerksam, dass die Beschädigung eines Menschen schon viel früher einsetzt, als wir denken: Jemanden als Idiot zu bezeichnen, bedeutet schon, ihn zu töten. Worte haben Macht, und in Zeiten des Mobbing ist das aktueller denn je. Wenn Feinde die Qualität unseres Christseins testen wollen, sollen wir ihnen so begegnen, wie Jesus es vorschlägt – mit Sanftmut, Liebe und Barmherzigkeit. Wenn wir auf Jesus schauen, lernen wir, wie wir unseren Feinden begegnen sollen und Frieden entstehen kann.

 

Jesus zum Umgang mit anderen Christen: Es ist oft haarsträubend, wie lieblos Christen miteinander umgehen. Oft sind Verletzungen da, die jahrelang miteinander herumgetragen werden. Wer nicht vergeben kann, macht nicht nur anderen das Leben schwer, sondern zuerst sich selber. Jesus sagt: Mach du den ersten Schrift. Warte nicht, bis der andere kommt, gehe auf ihn zu, reiche ihm die Hand. Christus empfiehlt ein offensives Vorgehen. Wenn wir auf Jesus schauen, lernen wir den guten und beziehungsfördernden Umgang miteinander.

 

Jesus zum Umgang mit Gott: Beten sollte eigentlich Bedürfnis sein, denn im Gebet verbinden wir uns mit Gott. Er ist die Quelle des Lebens. Es sollte keine gezwungene Pflichtübung werden, auch keine fromme Show. Jesus sagt: Zieh dich zurück in dein Zimmer, schließe es ab und bete. Indem wir auf Jesus schauen, lernen wir, wie wir mit Gott in ständiger Verbindung bleiben können und auf unserem Glaubensweg reifen.

 

Wenn wir auf Jesus schauen, kann im Hören und Tun gelingendes Leben entstehen und wir kommen dem Siegespreis näher. Wir brauchen dazu Jesus als den, der uns die Kraft gibt, so zu leben, wie Er will. Wenn wir es mit eigener Kraft versuchen, werden wir scheitern! Doch wer als „geistlich Armer“ zu Jesus aufschaut, also mit leeren Händen zu Gott kommt, erhält den nötigen Nachschub, selbst für die schwierigsten Situationen.

 

Lassen wir dabei Gottes Geist in uns wirken, wie Paulus sagte: Ich lebe, aber nicht ich, sondern Christus lebt in mir. Wir können uns keinen Tag ohne Jesus leisten. Ich ertappe mich immer wieder tagsüber, wie ich im Zwiegespräch mit Gott stehe: „Herr, ich bin schon wieder in einer schwierigen Situation, was hat das zu bedeuten, bitte hilf...“. Glaube hilft, Jesus hilft: Wenn wir fallen, dann hilft Jesus uns wieder auf die Beine. Am Kreuz hat er die Basis für ein sauberes Leben geschaffen. Jesus vergibt jederzeit, wenn ich zu ihm komme, was keine Einladung zum leichtfertigen Umgang mit Sünde sein soll. Aber ohne den Doppelpack „Kraft und Vergebung“ von Jesus kann ich nicht leben.

 

Lassen wir uns anstecken von denen, die es schon so oft erlebt haben, was Aufschauen zu Jesus und Liebe und Vergebung von IHM zu empfangen heißt. Lassen Sie uns aufschauen zu Jesus – die Auswirkungen werden nicht auf sich warten lassen.

 

AMEN.